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Regeln des Miteinanders

Bitte bis zum Plenum am 14.12. lesen und kommentieren!

Hinweis: Die Regeln sind recht lang, wenn Euch das zu anstrengend ist, am Bildschirm zu lesen, dann einfach das PDF des Entwurfs  herunterladen.

Gemeinschaft Spörgelhof – Grundsatzpapier und Regeln des Miteinander

Präambel

Der Spörgelhof ist eine Gemeinschaft, die sich mit regionalen und saisonalen Lebensmitteln  versorgt und sich über feste Beiträge der Mitglieder finanziert. Sie sieht sich als Teil der  Agrarwende­Bewegung, die die industrielle Landwirtschaft weitgehend zu Gunsten kleiner oder  mittelgroßer bäuerlicher Strukturen und regionaler Wirtschafts­ und Stoffkreisläufe abschaffen will. Die Gemeinschaft Spörgelhof setzt sich für eine Stärkung der Region ein, allerdings im Sinne einer  Rückholung der Macht an die Basis. Nationalismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit werden  vom Spörgelhof bekämpft.

Der Spörgelhof ist eine solidarische Gemeinschaft und auf Langfristigkeit angelegt. Die  Mitgliedschaft wird immer bis zum Ende des laufenden Anbaujahres eingegangen, normalerweise  also bis Ende April.

Die Gärtner/innen liefern die Produkte des Hofes wöchentlich, im Winter eventuell  zweiwöchentlich, an Abholstationen in Berlin. Die Ernte der jeweiligen Woche wird auf die Anzahl der Ernteanteile verteilt. Die Anzahl der Ernteanteile ist nicht dasselbe wie die Anzahl der  Mitglieder, denn je nach Bedarf können sich Mitglieder auch Ernteanteile teilen. Die Mitglieder  sind verpflichtet, sich in Kiezgruppen zu organisieren und ihre jeweiligen Abholstellen zu pflegen.  Sie sind auch verpflichtet, Arbeitseinsätze auf dem Hof zu leisten. Ihr Mitgliedsbeitrag richtet sich nach den eigenen finanziellen Möglichkeiten und wird nicht als Bezahlung der Hofprodukte  angesehen, sondern als Beitrag zur Aufrechterhaltung des Betriebs und zur Gemeinschaft.

Der Spörgelhof ist Teil des Netzwerkes Solidarische Landwirtschaft und will sich mit ähnlich  wirkenden Betrieben austauschen und gegebenenfalls mit ihnen zusammenarbeiten oder ihnen  helfen.

A ZIELE UND PRINZIPIEN

Primäre Ziele:

  1. Ganzjährige Selbstversorgung mit Lebensmitteln: Die praktische Rolle der Gärtner/innen ist es, Lebensmittel zu produzieren und zu liefern. Für die  Zeit, in der der Anbau nicht möglich ist (Bodenfrost), werden Lebensmittel konserviert. Dabei  werden Verfahren benutzt, die die Lebendigkeit der Produkte schonen: Dörren, Gefriertrocknen,  milchsaures Einlegen, Einlagern usw. Es wird ohne synthetische Düngemittel angebaut und auf den Einsatz von Pestiziden und  Fungiziden verzichtet. Zugunsten gelebter Transparenz, Offenheit und gegenseitigem Vertrauen  wird jedoch auf eine Biozertifizierung verzichtet.
  2. Entwicklung einer Solidarischen Ökonomie: Die Stadtmitglieder werden zu Mitbäuerinnen und Mitbauern und übernehmen ihren persönlichen  Möglichkeiten entsprechend Verantwortung für den Bestand und die Weiterentwicklung des  Spörgelhofs.

Sekundäre Ziele:

lokales und regionales Wirken in Richtung der allgemein nötigen Agrarwende;  Schaffen von Erfahrungs­ und Bildungsräumen für Jung und Alt; Beobachtung und Stärkung von  Ökosystemen und Biodiversität.

Arbeitsprinzipien:

  • Die Lebensmittel werden mit möglichst geringem Maschineneinsatz produziert.
  • Die Gemeinschaft Spörgelhof geht möglichst nachhaltig mit Mensch und Umwelt um und  orientiert sich an den Prinzipien der Permakultur. Die Gärtner/innen bemuhen sich, in  geschlossenen Kreisläufen zu arbeiten, Zukäufe und Abfall zu vermeiden, Ressourcen optimal  zu nutzen und in die Produktionsprozesse einzubinden.
  • Auf dem Spörgelhof wird hierarchiearm gearbeitet. Jedes Mitglied trägt bei, was es kann.  Wissenshierarchien sollen im Lauf der Zeit kleiner werden. Auf Grundlage der gewonnenen  Kenntnisse uber den Arbeitsablauf in der Gärtnerei und in anderen Einsatzbereichen und durch den  Austausch untereinander sollen gemeinsame Entscheidungen über die zukünftige  Betriebsausrichtung getroffen und eine Landwirtschaftsstruktur aufgebaut werden, mit der sich die  Mitglieder identifizieren können.
  • Neben der Produktion wertvoller Lebensmittel ist der Gemeinschaft Spörgelhof die Pflege der  natürlichen Lebensgrundlagen Boden, Wasser und Luft, sowie die Förderung der Natur und der  Kulturlandschaft ein Anliegen.

Organisatorische Prinzipien:

Transparenz; Verteilung von Verantwortung (statt die Last auf dem Schultern der Gärnter/innen zu  lassen); kollektives, aber individuell variables Engagement; angepasste Größenordnung (20­30  Ernteanteile pro Gärnter/in); Selbstverwaltung; kollektive Kommunikation; Kooperation.

Finanzierung:

Die monatlichen Beiträge pro Ernteanteil werden möglichst vor oder zu Beginn des Anbaujahres  bei einer Vollversammlung per anonymem Bietverfahren festgelegt. Richtwert: Der  Jahresfinanzplan wird auf einen Monat heruntergerechnet und die entstandene Summe durch die  Anzahl der Ernteanteile geteilt. Die tatsächliche Höhe des Beitrags pro EA soll aber individuell  verschieden sein, je nach finanzieller Kraft der Einzelnen. In Ausnahmefällen ist es möglich, wenig  zu zahlen und dafür mehrmals pro Monat auf dem Hof zu arbeiten. Eine Mitgliedschaft beim Spörgelhof bedeutet die Zusage, die Zahlungen bis zum Ende des  Anbaujahres, normalerweise Ende April, zu leisten. Wer vorher austreten will und keinen Ersatz  stellen kann, muss gemeinsam mit der Gemeinschaft eine Lösung dafür finden. Dafür soll es in  jeder Kiezgruppe Ansprechpersonen geben. Investitionen werden nach Bedarf und Kapazität der Gemeinschaft finanziert. Entscheidungen uber  Investitionen werden im Plenum getroffen. Kredite werden bevorzugt innerhalb der Gemeinschaft aufgenommen. Nach ihnen wird gefragt,  wenn sie nötig sind. Spenden sind naturlich willkommen und ermöglichen Investitionen und Instandhaltungen.

B ORGANISATION KONKRET:

  • Vollversammlung: Die Vollversammlung ist das wichtigste Entscheidungsorgan der Gemeinschaft. Sie kommt alle  zwei bis drei Monate zusammen, je nach Bedarf. Bei den Vollversammlungen sollen so viele  Ernteanteile wie möglich vertreten sein. Sie werden durch die AG’s und, falls nötig, die  Kiezgruppen vorbereitet. Entscheidungen bei der Vollversammlung werden per Konsens getroffen.
  • Arbeitsgruppen (AG’s): AG’s können jederzeit gebildet werden und auf kurze oder lange Dauer tätig sein. Sie übernehmen  organisatorische oder praktische Aufgaben. Die AGs haben eine Transparenz­ und  Informationspflicht gegenüber den Mitgliedern.
  • Kiezgruppen: Die einzelnen Kiezgruppen koordinieren sich unabhängig vom Rest der Gemeinschaft. Sie sind  verantwortlich für die Pflege der Abholstationen (Ausstattung v.a.: Waage, Messer, Lappen, feuchte Tücher, Besen) und den Informationsaustausch untereinander. Falls nötig werden  Kiezgruppenversammlungen gemacht. Auch dort werden Entscheidungen nach dem Konsensprinzip getroffen.
  • Arbeitseinsätze: Mit jedem Ernteanteil ist die Pflicht verbunden, unabhängig von der Höhe des finanziellen Beitrags  Arbeitseinsätze zu leisten. Gewünscht sind mindestens sechs Arbeitstage pro Jahr, davon  mindestens vier auf dem Hof. Mitarbeit ist an jedem Arbeitstag möglich und zudem an einem  Sonntag pro Monat, dem kollektiven Arbeitseinsatz (derzeit der dritte Sonntag im Monat).
  • Kommunikation: Jedes Spörgelhof-­Mitglied verpflichtet sich, in der Regel mindestens einmal pro Woche die Emails  zu lesen, die über den Spörgelhof­Verteiler gehen, oder sich anderweitig darüber zu informieren,  was in den Emails steht. Hin und wieder werden Online-­Abstimmungen durchgeführt, vor allem zur Terminfindung. Auch die sind verpflichtend. Es gibt dort immer auch die Option, „Weiß nicht“ zu  antworten und die Antwort später zu ändern.
  • Beitritt und Probetag: Vor dem Eintritt in die (Stadt­)Gemeinschaft macht sich jedes neue Mitglied mit einem Probetag  ein Bild vom Feld und der Arbeitsweise der Gärtner/innen vor Ort.

C RECHTE UND PFLICHTEN

Rechte der Gärtner/innen

  • Endgültige Entscheidung über Anbau, Produktionsweise und Betriebsmittel.
  • Anspruch auf einen Ernteanteil
  • Persönliche Entlohnung und Finanzierbarkeit geht der Investition in höhere Produktivität vor

Rechte der Stadtmitglieder:

  • Wöchentliche, im Winter zweiwöchentliche Belieferung an die vereinbarte Abholstation
  • Mitgestaltung der Anbauplanung, Produktionsweise und des Einsatzes der Betriebsmittel
  • Möglichkeit der Mitarbeit und des Lernens bei allen Hofaufgaben Pflichten der Gärtner/innen:
  • Wöchentliche Belieferung an die Abholstationen (im Winter Abweichungen möglich)
  • Aufteilung der Ernte auf die Ernteanteile (Abgabe und Verkauf der Überschusse nur solange die  Finanzierung durch die Gemeinschaft noch nicht gedeckt werden kann)
  • Bewirtschaften des Feldes nach den Zielen der Gemeinschaft
  • Landwirtschaftlicher Lehrauftrag: Ausbildung der „Stadtbäuerinnen und Stadtbauern“
  • Transparente Wirtschaftsweise, regelmäßige Infos via Email­ Verteiler, Stammtisch u.a.
  • Vierteljärliche Zwischenbilanz
  • Maßgebliche Gestaltung von Produktionsweise, Anbauplanung und Einsatzplan der Betriebsmittel (Wissensvorsprung)

Pflichten der Stadtmitglieder

  • Regelmäßige Zahlung des monatlichen Mitgliedsbeitrages jeweils zum 28. des Vormonats
  • Abholung der Lebensmittel von der jeweiligen Abholstation. Falls der EA nicht abgeholt werden  kann, muss die Kiezgruppe informiert werden, dass sie ihn aufteilen kann oder dem Hof am Vortag  gesagt werden, dass der EA nicht geliefert werden muss.
  • 6 Arbeitseinsätze pro Jahr, davon mindestens 4 auf dem Hof, die anderen in AGs oder in  Kiezgruppen/Abholstationen
  • Teilnahme an den Vollversammlungen
  • Austritt: die Kündigung der Mitgliedschaft ist mit dreimonatiger Frist zum Ende des  Wirtschaftsjahres möglich. Falls innerhalb des Jahres eine Kündigung erfolgt, so hat das Mitglied  für Ersatz zu sorgen.
  • Siehe Kommunikation

D ANBAU

Die Gärtner/innen sind für den Anbau verantwortlich. Eine ganzjährige Obst­ und  Gemüseversorgung wird angestrebt. Es wird ohne regelmäßige Nutzung fossiler Rohstoffe angebaut.

Im Normalfall werden ausschließlich samenfeste Gemüsesorten angebaut (keine genetisch  veränderten Organismen oder F1­Hybride). Es wird angestrebt, alles Gemüse selbst großzuziehen  (direkte Aussaht oder mit Hilfe des Anzuchthauses). Bei einigen Kulturen werden nach Möglichkeit die Samen selbst gewonnen (Kürbis, Zucchini, Bohnen, Paprika, Tomaten, Gurken, einige Salate  und Möhren). Ziel dabei ist es, Erfahrungen zu sammeln, selbständig zu werden und die Pflanzen  „lebendig“ zu halten. Es werden bevorzugt mehrjährige Kulturen angebaut (Sträucher, Karde,  Spargel, Erdbeeren, Winterheckzwiebeln, Rhabarber, verschiedene Kräuter, ewiger Kohl,  Wildkräuter usw.). Das schont den Boden, erhöht seinen Nährstoffgehalt und ermöglicht eine  frühere Ernte. Ein­ und zweijährige Pflanzen werden möglichst mehrjährig gehalten, bzw. es wird  eine Selbstaussaat angestrebt. Hierbei geht es um die Reduzierung von Arbeitsprozessen und einen  von den Gärtner/innen möglichst „unabhängigen“ Garten.  Alte Gemüsesorten werden nicht zuletzt wegen ihres Geschmacks und weil sie gesund sind  bevorzugt.

Das Feld ist in vier Hauptkulturen geteilt: Frucht, Blatt, Blute und Wurzel. Es wird versucht, undogmatisch diese vier Kulturen zu rotieren.

Die Bodenfruchtbarkeit wird durch die Methode der „mikrobiellen Karbonisierung“ (Walter Witte)  gewährleistet. Ziel dieser Methode ist u.a., das Entweichen von CO2 zu minimieren und  Kohlenstoff im Boden zu speichern. Kurzbeschreibung der Methode: Es wird unter  Sauerstoffabschluss kompostiert; die Kompostierung dauert 6­8 Wochen. Als Materialien werden  ligninhaltige, organische (Stroh, Heu, geschreddertes Holz usw.) und fäulnisfähige Stoffe (Gulle,  Mist, Speisereste usw.) im Verhältnis 3 zu 2 verwendet (auch Grund­ und Cosubstrat genannt). Der  fertige Kompost wird oberflächlich eingearbeitet (max. 10 cm Tiefe) und der Boden im Anschluss  festgewalzt um anoxische Bedingungen zu schaffen. Unkrautregulierung wird bei trockenem Wetter durch Hacken, bei feuchtem Wetter durch Jäten vorgenommen. Für die Schädlingsregulierung  kommen nur mechanische oder naturliche Maßnahmen in Frage. Mineralische Dünger oder chemische  Pflanzenschutzmittel werden grundsätzlich abgelehnt.

Es werden zwei kleine Experimentalflächen angelegt: eine für die Saatgutvermehrung und die  andere, um verschiedene Anbaumethoden auszuprobieren (wie ein Wildnisgarten o.a.). Die  Gemüsebeete sind entlang der Höhenlinien angelegt worden, um Wasserretentionen zu erhöhen und Bodenerosion zu vermeiden. In regelmäßigen Abständen sind sogenannte „Swales“ angelegt. Dort  werden mehrjährige Sträucher, Blumen und Kräuter angebaut. Die Form des Gartens will  letztendlich in Harmonie mit dem Gefälle sein. Außer Neigung werden auch mikroklimatische  Faktoren, Bodenbeschaffenheit und die Sonneneinstrahlung beim Anbau berücksichtigt.